Mind

Wie ich aufhörte, es allen recht zu machen

6. Juli 2016
Brooklyn

Früher hatte ich eine Angewohnheit, die ich mir zum Glück mit der Zeit ziemlich abgewöhnt habe: Ich war ein Arschkriecher. Leider habe ich dafür kein hübscheres Wort finden können. Auf jeder Party war ich es, die am Ende völlig übermüdet half, ekelhaft angetrocknete Teller abzuspülen. Vor den Feiertagen hob ich hektisch die Hand, wenn es darum ging, arbeitstechnisch eine Extra-Schicht einzulegen. Damit alle anderen ungestört im Urlaub einen Cocktail schlürfen konnten. Mir war nichts zuviel. Ich war mir für nichts zu schade.

Ich half Freunden, ihre Träume zu verwirklichen, blieb immer schön im Hintergrund. Meine Sehnsüchte schaute ich mir gar nicht erst an. Wollte mich jemand für meine Hilfe bezahlen, lehnte ich dankend ab. Nice, Madhavi.

Ich verschenkte meine Zeit wie Hare Krishna Jünger ihre Bücher auf der Straße. Dabei kam ich ständig zu kurz. Was ich verdrängte. War nicht erfüllt. Was ich mir verheimlichte. Wenn ich mal Hilfe brauchte, tadaaa, dann hatte kaum jemand Zeit. Mir wurde klar, dass ich dieses Verhaltensmuster ändern muss. Es brauchte aber erst einmal Zeit, es überhaupt zu erkennen.

Ich fühlte mich offensichtlich lange Zeit wohl in der Rolle des Helfers. Es war ja auch wohlig –  dieses Gefühl, gebraucht zu werden. Wenn ich jemanden mag, kann sich mein Herz auf die Größe des Mondes ausdehnen – ich bin dann immer für diese Person da. Meine Grenzen liess ich dadurch früher gern überschreiten, kein Ding, und lächelte dazu noch verständnisvoll. Herrgott!

Die Macht der Gewohnheit

Wenn dir das alles irgendwie bekannt vorkommt, keine Sorge! Es gibt tatsächlich einen Weg raus aus der Misere. Denn wenn man eine Gewohnheit hat, die einen offensichtlich daran hindert, das eigene Potenzial zu entfalten, ermüdend und frustrierend ist, dann muss etwas geändert werden.

Gewohnheiten können abtrainiert werden. Es braucht Zeit und Mut, ist aber extrem spannend. Ich liebe es mittlerweile sehr, ehrlich und für manche sogar unbequem zu sein. Nicht die Rolle des lieben Kindes zu spielen. Denn das tut man. Man spielt. Das machen wir Frauen besonders gern, oder? Aber auch Männer.

Bist du bereit, mehr Raum für deine eigenen Träume zu kreieren? Ehrlicher zu dir und deinen Mitmenschen zu sein? Dann kommen hier ein paar Tipps, die mir sehr geholfen haben.

♥ Höre auf, jemanden einen Gefallen zu tun, wenn dein Bauchgefühl von Anfang an NEIN schreit. Auch ein Nein kann respektvoll vermittelt werden.

♥ Passe dich nicht ständig allen Leuten um dich herum an. Das ist extrem ermüdend. Spare deine Kraft. Verliere dich nicht in den anderen. Wo bist du in einem Gespräch? Atme!

♥ Traue dich, endlich mal deine Meinung zu äußern. Damit machst du dich vielleicht nicht beliebt. Es ist aber ungeheuer befreiend, sich treu zu bleiben!

♥ Mache dich rar! Stehst du auf jeder Helferliste? Melde dich einfach mal nicht auf jede Anfrage. Somit wird deine angebotene Hilfe nicht ständig als selbstverständlich gesehen.

♥ Setze Grenzen. Gib ein Zeichen, wenn dir etwas zuviel wird. Das macht dich menschlich und sympathisch.

Du kannst nicht authentisch leben, wenn du nur auf andere und deren Glück fokussiert bist. Wo bleibst denn du? Du versteckst deine Gefühle und belügst dich. Was ist für dich wichtig? Was macht dich eigentlich wirklich froh?

Möchtest du tatsächlich, deine wundervolle Lebenskraft, Zeit und deine Träume verschwenden, um es allen um dich herum recht zu machen? Ich habe das lange getan. Gesund war das nicht. Trau dich, es fühlt sich so gut an, deinen eigenen Weg zu gehen. Fang noch heute an, dein eigenes Leben zu leben. Deine Umwelt wird dir danken!

Bist du mit diesem Thema vertraut? Hast du vielleicht noch weitere Tipps? Dann haue sie doch gleich unten in die Kommentarfunktion!

#staytrue

Madhavi

Madhavi Guemoes
Madhavi Guemoes dachte mit 15, dass sie das Leben vollständig verstanden habe, um 31 Jahre später zu erkennen, dass dies schier unmöglich ist. Sie arbeitet als freie Autorin, Aromatherapeutin, Podcasterin, Bloggerin und Kundalini Yogalehrerin weltweit und ist Mutter von zwei Kindern. Madhavi praktiziert seit mehr als 30 Jahren Yoga - was aber in Wirklichkeit nichts zu bedeuten hat.
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  • Carolin
    6. Juli 2016 at 23:06

    Liebe Madhavi,

    ich war viele Jahre lang auch sehr gut darin, es anderen recht zu machen & sehr bemüht, für mein Umfeld möglichst unkompliziert zu sein. Dabei habe ich meine eigene Sicht der Dinge oft verleugnet und mich sehr an mein Gegenüber angepasst. Mittlerweile finde ich oft heraus, unter welchen Bedingungen ich optimal dienen kann, weil ich natürlich erblühe – denn selbstverständlich helfe ich gern, wenn es sich stimmig anfühlt.
    In meinem Blog schreibe ich viel über das Thema „Bewusste Kommunikation“ („Ehrlich direkt – direkt ehrlich“, „Ausreden sind auch unhöflich“, „Nein zum Rumeiern“…).
    Ich freue mich sehr, wenn der eine oder andere mal vorbeischaut auf meiner Seite!

    Ganz liebe Grüße, momentan von der Schwäbischen Alb, sendet
    Carolin

  • frediflow86
    7. Juli 2016 at 9:15

    Oh verdammt vertraut mit dieser Misere. Das ist mein Steckenpferd es allen Recht machen zu wollen – Danke für Deine Worte. Es von jemandem zu lesen, bringt es nochmal mehr ins Bewusstsein ❤️ Danke Madhavi WUNDERBAR!

  • Marisa
    7. Juli 2016 at 10:45

    Liebe Madhavi,
    Vielen Dank für diesen tollen Artikel. Ich habe mich sofort wieder erkannt. Ich bin gerade auf dem Weg all dies in mein Leben zu integrieren und es ist eine spannende Reise.
    Bevor ich ähnlich Tipps anwende wie du, lasse ich erst einmal Abstand entstehen. Ich entscheide nicht sofort, sondern ich nehme mir die Zeit darüber nachzudenken. Ich lasse raum entstehen und überlege mir gut, wie meine Antwort ausfallen wird. So vermeide ich Entscheidungen, die ich nachher evtl. bereue. Dadurch habe ich sehr viel gelernt, auch über mich selbst und wenn ich mich entscheide, dann weiß ich, dass es von Herzen kommt und mir gut tut.
    Liebe Grüße,
    Marisa

  • Dana | hello-danane
    8. Juli 2016 at 10:39

    Oh, was war ich immer gut darin es allen recht machen zu wollen. Auch heute ist das manchmal noch so. Jedoch liebe ich immer mehr das Gefühl quer zu schlagen … und zu sehen wie das bei meinem Gegenüber ankommt (nämlich meistens positiv) ist das ein sehr befriedigendes Gefühl.
    Ich mag Menschen die ihr eigenes Ding machen und auch einmal „nein“ sagen. Genauso muss ich mir sagen, dass das Menschen auch an mir mögen. Denn es strahlt eine ganz besondere Energie aus wenn eine Person 100% hinter dem steht was sie möchte.

    Danke dir wieder einmal für so einen schönen Post. Es tut gut so etwas zu lesen. Man weiss es eigentlich. Aber wenn man mit bekommt wie vielen es so geht, tut das manchmal schon sehr gut. Geteiltes „Leid“ …

  • Sibylle Pfeffer
    11. Juli 2016 at 13:39

    Liebe Madhavi, Du sprichst mir aus der Seele. Es ist gerade als Yogi wichtig, Grenzen zu setzen, da wir oft dazu neigen unsere gute Energie an jeden verteilen zu wollen, was auch ein Ziel ist und dennoch geht es nur, wenn ich mich immer wieder zentriere und Energie sammele und genau heraus finde wo ein Leck entsteht. Toll und authentisch geschrieben. Vielleicht magst Du ja auch mal auf meinem Blog vorbei schauen, liebe Grüße von Sibylle
    https://inneresglitzern.blogspot.de/

  • Katja
    13. Juli 2016 at 19:17

    Wow, das war ja mal ein Text! Ich kenne das alles auch sehr gut. Danke für deine offenen Worte. Liebe Grüße

  • Jenni
    15. Juli 2016 at 10:21

    Liebe Madhavi!
    Wir alle möchten unbedingt gemocht werden – ich habe das Gefühl, in Zeiten der medialen Beschleunigung und der Immer-Verfügbarkeit von Linkes und Herzchen sogar noch mehr als sonst – und wir tun mitunter sehr viel für ein bisschen Anerkennung von anderen Menschen.
    Die Frage ist natürlich immer, wie teuer diese Anerkennung erkauft wird. Wenn ich mich dabei selbst verleugne und mich hinter der Maske voller Hilfsbereitschaft verstecke, verbaue ich mir unter Umständen auch den Weg zu mir selbst und bin infolgedessen auch mit mir nicht im Einklang. Das kann sehr belastend sein und ich denke, du hast absolut recht, wenn du dafür plädierst, dass wir uns auch mal rar machen müssen – nicht nur, damit wir geschont werden, sondern auch, damit unsere sonstige Arbeit von anderen auch als das anerkannt wird, was sie ist: nämlich Arbeit.
    Liebe Grüße
    Jenni

  • Kati
    31. August 2016 at 8:06

    Hallo carolin!
    Wie heißt denn dein Blog?
    LG Katrin

  • Carolin
    31. August 2016 at 21:42

    Liebe Kati, mein Blog heißt http://www.seisofrei-lebenskunst.de. Ich freue mich sehr, wenn du meine Seite mal besuchst!
    Ganz herzliche Grüße sendet
    Carolin

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