Column

Madhavi & das Leben // Weg da, das ist mein Platz!

17. Februar 2019
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Neulich, in einer Yogastunde, ich habe gerade hübsch ordentlich meine Yogamatte ausgerollt und mich hingesetzt, watschelt eine Frau auf mich zu, und verscheucht mich von meinem Platz. Dort würde sie immer liegen, das war schon immer so. Mit einer Selbstverständlichkeit, dass ich gar nicht anders kann, als automatisch zu gehorchen.

Sprachlos verkneife ich mir einen Streit und schleppe meinen Yogakrams ans andere Ende des Yogastudios. Irgendwie liebe ich diese kleinen Tests im Leben, in denen ich meine Gelassenheit auf die Probe stellen kann. Manchmal kann ich aber auch darauf verzichten. Je nachdem, wie der Mond gerade so steht.

Ein anderes Mal, in einem anderen Yogastudio, kommt es fast zu einer Prügelei, weil ich wohl meine Yogamatte falsch geparkt habe. Eine neurotische Dame springt mir fast an die Gurgel, schreit mich an, ich bin völlig perplex. Wieder nehme ich mein Zeugs und versuche einen frischen Platz zu erwischen, weit weg von dieser hysterischen Aura. Ich kann das, mich unterordnen, ich lasse doch meine wertvolle Lebensenergie bei sowas nicht verpuffen. Doch manchmal ist es anstrengend.

Das Yogastudio ist ein äußerst feiner Platz, um zu wachsen. Er spiegelt so wundervoll unsere Gesellschaft wieder. Wenn es heißt, halbiert eure Yogamatten (beim Kundalini Yoga geht das), denn es kommen noch weitere Yogis in den Raum (der schon voller ist, als ein indischer Zug), stöhnen manche auf, machen aber, was gesagt wird.

Einige jedoch denken, sie können tun und lassen, was sie wollen, und bauen noch ein Zelt um sich herum auf. Hauptsache ICH.

Können wir uns wieder vernünftig benehmen?

Ich weiß ja, dass es nicht so einfach ist, sich in der Masse mal zurückzunehmen, ach, was quatsch ich da, es geht ja nicht mal darum, sich zurückzunehmen. Es geht darum, sich einfach wie ein normaler Mensch in der Öffentlichkeit zu benehmen. Doch was ist schon normal…..

Leider habe ich das Gefühl, dass die Yogaszene immer neurotischer wird. ICH, ICH, ICH lautet die Devise. Ich bin ja schon ein Weilchen dabei, kann mich aber nicht daran erinnern, dass es jemals so schlimm war wie in letzter Zeit. Vielleicht bekomme ich Schwingungen und Verhaltensweisen auch nur intensiver mit? Werde ich alt und empfindlich?

Früher hieß es, nehmt euer Yoga von der Yogamatte mit in den Alltag. Heute sollten wir jedoch versuchen, uns auch auf der Yogamatte ein klein wenig zu benehmen, damit wir überhaupt was zum Mitnehmen in den Alltag haben.

Auch ich mag einen bestimmten Platz im Yogastudio. Ist dieser besetzt, lege ich mich einfach woanders hin. Kein Ding.

Ich verstehe es ja, wenn andere sich auf ihren Platz festgebissen haben wie eine Zecke am Unterschenkel, und nur dort zur Erleuchtung finden können. Doch so funktioniert das Leben nun mal nicht. Ein bisschen Rücksicht, kann nicht schaden!

Ein Yogastudio ist doch kein Strand, an dem man andere von seiner Stunden vorher besetzten Liege verscheuchen kann. Oder etwa doch?

#staytrue

Madhavi

© Maria Schiffer

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Madhavi Guemoes
Madhavi Guemoes dachte mit 15, dass sie das Leben vollständig verstanden habe, um 31 Jahre später zu erkennen, dass dies schier unmöglich ist. Sie arbeitet als freie Autorin, Aromatherapeutin, Podcasterin, Bloggerin und Kundalini Yogalehrerin weltweit und ist Mutter von zwei Kindern. Madhavi praktiziert seit mehr als 30 Jahren Yoga - was aber in Wirklichkeit nichts zu bedeuten hat.
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